Fr. 07.06.19Sitzen und Stehen will gelernt sein
Ein Ziehen im Rücken, ein Stechen im Nacken oder ein Kribbeln im Arm … kennen Sie das auch?
Beim Arbeiten vor dem Computer oder auch bei anderen alltäglichen Verrichtungen können sich leider solche körperlichen Beschwerden zeigen. Natürlich wird man nicht jünger, das ist das eine. Das andere ist eben, dass sich der Körper nicht nur bei «normalen degenerativen Alterungsprozessen» meldet, sondern auch bei Fehl- und Überbeanspruchungen, die sich schleichend als unvorteilhafte Gewohnheiten etablieren. Das wiederholte Auftreten solcher Rückmeldungen des Körpers sollte daher als Signal verstanden werden. Da ist es angezeigt, das eigene Verhalten zu überdenken oder sogar zu verändern.
Rückenbeschwerden sind keine seltene Erscheinung
Bei den Erkrankungen des Bewegungsapparats ist weiterhin eine deutliche Zunahme zu verzeichnen. Rückenschmerzen gelten gar als moderne Zeiterscheinung. Sie gehören zu den häufigsten Beschwerden in ganz Europa. In der Schweiz beanspruchen pro Jahr alleine wegen Kreuzschmerzen 5 von 100 Menschen eine ärztliche Konsultation. Rückenbeschwerden haben einerseits zivilisationsbedingte Ursachen wie einseitige Arbeitsweisen und Bewegungsabläufe. Andererseits ist die gesunde Eigenbewegung des Menschen bei der Arbeit und in der Freizeit in den letzten Jahrzenten deutlich zurückgegangen.
Der Körper als wichtiges Werkzeug
Der menschliche Körper – hier im speziellen der Bewegungsapparat – erweist uns über viele Jahrzehnte einen guten Dienst. Im Sinne von «Vorbeugen ist besser als heilen» ist es deshalb wichtig, dass wir ihn richtig gebrauchen und pflegen. Wir müssen ihm Sorge tragen, um vorzeitigen Verschleiss und Schmerzen vorzubeugen. Dazu gehört die gesunde dynamische Belastung des Rückens, aber auch der gelenkschonende Gebrauch der Extremitäten. Wegen der Schwerkraft sind die Muskeln andauernd angespannt. Dies führt mit der Zeit zu Überbelastungen und auch zu Schmerzen. Bei einer aufrechten Körperhaltung müssen die Muskeln weniger arbeiten, sie stützen den Bewegungsapparat mit minimaler Kraft.
Richtig sitzen und stehen will gelernt sein
Das krumme Sitzen am Tisch erfordert den Maximaleinsatz der Muskulatur. Deshalb soll beim Sitzen gemäss ergonomischen Prinzipien folgendes beachtet werden:
- Die Füsse stehen flach auf dem Boden und nach aussen gedreht, dabei sind die Oberschenkel leicht gespreizt. Die Ober- und Unterschenkel sollten beim Sitzen einen Winkel von mindestens 90 Grad bilden.
- Das Becken ist ausreichend nach vorne gekippt und der Bauch nicht eingezogen.
- Der Brustkorb ist nach vorne hochgehoben und die Halswirbelsäule ist dabei gestreckt.
Dieselbe Position ist übrigens auch beim Stehen einzunehmen. Bei langer Verweildauer in der gleichen Stellung ist jedoch die beste Haltung ungünstig. Deshalb ist es wichtig, regelmässig eine Positionsveränderung vorzunehmen.
Rückenschonendes Bücken und Heben
Nicht nur beim Sitzen und Stehen, auch beim Bücken und Heben sollen die Beine leicht gespreizt sein. Dies verschafft nicht ausschliesslich eine aktive gesunde Haltung, sondern gewährleistet auch genügend Stabilität und Bewegungsfreiheit. Die aktive Haltung des Rückens sollte auch da beibehalten werden. Beim Bücken ist darauf zu achten, dass die Bewegungen aus den Hüft- und Kniegelenken erfolgen. Beim Heben soll die Last immer so nahe als möglich an den Körper genommen werden. Verteilen Sie dabei Ihre Kräfte auf beide Arme und Hände. Dieses körpernahe Vorgehen schont nicht nur den Rücken, es spart auch Kräfte. Und auch das geht manchmal vergessen: Tragen Sie nichts, was auch gerollt werden kann. Die Verwendung von Einkaufswagen bis hin zu Boys entlasten den Rücken ungemein.
Vermeiden Sie Monotonie und seien Sie kreativ
Bevorzugen Sie dynamische Tätigkeiten und vermeiden Sie nach Möglichkeit Monotonie, indem Sie regelmässig Ihre Arbeitshaltung wechseln. Beispielsweise beim Bügeln ist es kurzweilig und körperschonend, wenn Sie zwischendurch den Arbeitsprozess unterbrechen und die frisch gebügelte Wäsche versorgen. Dabei kann man sich erst noch die Füsse vertreten. Oder bei Büroarbeiten ist es sehr sinngebend, zwischendurch aufzustehen und kurz eine andere Betätigung zu machen, wie Sachen ablegen und einräumen.
Bei Tätigkeiten im Sitzen und Stehen ist die richtige Arbeitshöhe das A und O. Als Bezugsmass zur empfohlenen Tischhöhe gilt da die individuelle Ellbogenhöhe. Der Arbeitsplatz soll logisch eingerichtet werden und Gegenstände griffbereit positioniert sein, damit unnötiges Hin- und Hergehen, Recken und Hantieren vermieden werden kann.
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Beatrice Widmer
Schulungszentrum Gesundheit SGZ
Programmleiterin Bildung
beatrice.widmer@zuerich.ch
angebot.wissen-pflege-bildung.ch