Content

Worte wirken immer …

Text: Beatrice Widmer

Jede Aussage hat Wirkungen und Nebenwirkungen. Dies soll man sich als Fachperson bewusst sein. Gerade dann, wenn sich das Gegenüber in einer aussergewöhnlichen Lage befindet, können Worte zu Kommunikationspannen mit zusätzlichen emotionalen und psychischen Belastungen führen.

Das Alter halt

Älter werden ist gleichzeitig etwas Schönes, aber auch mit Tücken behaftet. Denn früher oder später stehen Gesundheits-Checks an. Bereits ab dem 35. Lebensjahr heisst es: «Machen Sie Ihre Haut zur Hauptsache». Mit 40 werden Atemtest, grosse Blutbilduntersuchungen, Kontrollen der Augen, Herz und Blutgefässe sowie der Schilddrüsenfunktionen empfohlen. Ab dem 50. Lebensjahr wird Ihnen beispielsweise nahegelegt: «Den Dickdarm nicht vergessen» oder im Auge behalten! Vorsorgeuntersuchungen sind nicht per se in Frage zu stellen. Insbesondere bei bekannten genetischen Prädispositionen. Aber hier geht es nicht ums Thema Check-up ja oder nein. Sondern darum, dass sich Fachpersonen bewusst sein müssen, dass eine umsichtige Beratung und entsprechende Kommunikation bei Gesundheitsfragen elementar sind – egal, ob prophylaktische Massnahmen empfohlen werden, Untersuchungen anstehen oder vorliegende Diagnosen und entsprechende Therapieempfehlungen besprochen und durchgeführt werden.

 

Über die Wirkungen und Nebenwirkungen von Worten

«Unklare Worte sind wie blinde Spiegel». Das chinesische Sprichwort bringt die Sache auf den Punkt. Vage oder beiläufige Äusserungen von Fachpersonen forcieren Mutmassungen und Ängste. Dazu folgende Begebenheit: Eine Frau entschliesst sich nach reichlicher Überlegung vorsorglich ein Mammografie-Screening vornehmen zu lassen – das ist ihr nicht leichtgefallen. Lange Zeit war sie hin und her gerissen. Zum einen sagte die Vernunft ganz klar: Durch die Früherkennung von Tumorgewebe sind die Behandlungs- und Heilungschancen grösser. Auch die Therapien könnten weniger belastend sein. Zum anderen waren folgende Gedanken omnipräsent: Bei entsprechenden Untersuchungen kann es auch zu falschen Resultaten kommen. Was passiert mit mir und meinem Umfeld, wenn weitere Abklärungen gemacht werden müssen oder ein Krebsbefund vorliegt? Welche Konsequenzen bringt die neue Lebenssituation mit sich? Schliesslich sind die Heilungschancen und der Genesungsprozess individuell. Es gibt auch Tumore, die nicht behandelbar sind. Am Untersuchungstag war die Frau etwas angespannt und hoffte natürlich, dass alles in bester Ordnung ist. Doch nach der ersten Analyse wurde diese vorübergehend zunichtegemacht. Kurz und knapp wurde ihr zwischen Tür und Angel mitgeteilt, dass noch weitere Abklärungen notwendig seien und diese sofort vom zuständigen Chefarzt vorgenommen werden. Die Frau wurde rasch in ein anderes Untersuchungszimmer verwiesen. Da sass sie nun wie auf Nadeln, völlig sich selber überlassen und wartete eine halbe Stunde, bis sie endlich vom Arzt eine Begründung für die weiterführenden Massnahmen bekam.

 

Es geht auch anders

Selbstverständlich ist es unbestritten, dass der Alltag von Fachpersonen im Gesundheitswesen dynamisch und anspruchsvoll ist. Eine solch emotional belastende Situation wie oben beschrieben, wäre trotzdem vermeidbar gewesen. Zum Beispiel durch eine gezielte Auseinandersetzung mit den Wirkungen und Nebenwirkungen von Worten. Dazu gehört das Bewusstsein, dass Menschen, die Untersuchungen und Therapien in Anspruch nehmen müssen, sich meist in einer für sie aussergewöhnlichen Situation befinden. Hier ist es ganz wichtig, nicht nur informieren zu wollen, was Sache ist oder die Fachperson als wichtig erachtet. Sondern auch die Gefühle und Bedürfnisse der betroffenen Person müssen beobachtet und angesprochen werden. Voraussetzend dafür ist ein Beziehungsaufbau und eine offene Kommunikationshaltung, damit prioritär Anliegen und Emotionen erkannt und darauf eingetreten werden kann. Damit nicht zu viel, sondern nur so viel vermittelt wird, wie das Gegenüber möchte und somit auch verarbeiten kann.

In unserem neuen 2-tägigen Bildungsangebot «Präventive Kommunikation: Wie Worte wirken und wir das nutzen können» geht es genau darum (Kursdaten: 3. + 24.11.2022)

 

Beatrice Widmer
Schulungszentrum Gesundheit
Programmleiterin Bildung
beatrice.widmer@zuerich.ch
www.stadt-zuerich.ch/sgz

 

Kommentare: 0 | Autor: SGZ | Kategorien: Kategorie Sprache & Kompetenz

Kommentar schreiben