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Khalid Fatam

Als Senior-«Lehrling» zurück in eine Arbeitswelt, wo Fachkräftemangel herrscht

Beatrice Widmer, Fachfrau Bildung und Beratung SGZ, im Gespräch mit Khalid Fatam, Studierender Pflege HF und ehemaliger SGZ-Mitarbeitender

Vom Mitarbeiter Dienste am SGZ zum Studierenden Pflege HF

Drei Jahre lang arbeitete der 50-jährige Khalid Fatam mit einem Pensum von ca. 40 % als Mitarbeiter Dienste am SGZ. Er war zuständig für die Einrichtung der Kursräume, hat die Dozierenden bei Laune gehalten, wenn technische Probleme aufgetaucht sind und führte auch kleinere Reparaturen aus. Daneben hatte er noch zwei andere Teilzeitjobs, die er bewältigen musste, um seiner Familie und sich einen gewissen Lebensstandard bieten zu können.

Anfangs 2016 entschied er sich, mit 50 Jahren nochmals richtig Vollgas zu geben: Bereits 2 Monate später startete er mit der Berufsausbildung als Pflegefachmann HF: Im Careum eignet er sich das theoretische Fachwissen an und das Pflegezentrum Bachwiesen begleitet ihn ab Sommer in die Praxis.

Mit diesem Blogartikel möchten wir eine gemeinsame Zeitreise in die Vergangenheit machen. Was waren die Beweggründe von Khalid, diesen Schritt zu gehen? Auch wollen wir ihn zu einem späteren Zeitpunkt ein Stück seines Weges in der Rolle als Auszubildender – mitten im Leben – begleiten.


 

Khalid, du verfügst über einen breiten beruflichen Erfahrungsschatz im Bereich Informatik, Verkauf und Marketing. Erzähl uns bitte, wie es dazu gekommen ist, dass du dich entschieden hast, mit 50 Jahren nochmals eine Ausbildung zu machen.
Bei meiner bisherigen beruflichen Tätigkeiten haben mir eindeutig die Sozialkontakte gefehlt. Dies wurde mir so richtig bewusst, als mein damaliger Arbeitgeber «dichtmachen» musste und ich für diesen Bereich einfach kein Herzblut mehr entwickelt konnte.
So habe ich mich entschlossen, die Berufsberatung aufzusuchen. Dort haben wir meinen Lebenslauf genau analysiert, so auch meine Ressourcen und Bedürfnisse, was meinen weiteren beruflichen Werdegang anbelangt. Es hat sich schnell gezeigt, dass ich viele Kriterien, die für ein Sozialberuf notwendig sind, erfülle.
Ein Praktikum beim SRK hat mich überzeugt, dass ich in Zukunft wirklich mit Menschen arbeiten möchte. Doch hat mir zu dieser Zeit noch der richtige Ansporn für einen Neustart in einen anderen Beruf gefehlt … oder vielleicht auch der Mut.
Im Anschluss habe ich dann über eine längere Phase gleichzeitig drei verschiedene Jobs in drei verschiedenen Unternehmen gehabt: Als Hauswart im SGZ, als Chauffeur bei den Behindertentransporten Zürich (BTZ) und gleichzeitig im Sozialdepartement als Konfliktmanager Sicherheit in einem Asylbundeszentrum. Alle Jobs waren Teilzeitpensen. Es war gleichzeitig spannend, aber auch sehr aufreibend; drei Teams, drei Kulturen, drei Betriebe – das alles unter einen Hut zu bringen, war anspruchsvoll.

Was war ausschlaggebend für deine Wahl, im Gesundheitswesen definitiv Fuss zu fassen?
In den letzten Monaten habe ich mich intensiv mit meiner Berufswahl auseinandergesetzt. Ich konnte in verschiedenen Berufen im Sozial- und Gesundheitswesen Eindrücke sammeln. Die Schnuppertage im Pflegezentrum Käferberg als Pflegender waren ein Erlebnis für mich und haben mich in meiner Wahl bestätigt. Der Kontakt mit betagten Menschen mit ganz unterschiedlicher Bedürftigkeit hat mich beeindruckt, aber auch, dass ich sie im Alltag unterstützen durfte. Ausserdem bekam ich einen tiefen Einblick in die Tagesabläufe und das Kompetenzfeld einer Pflegefachperson.

Warum eine Ausbildung als dipl. Pflegefachmann HF und wieso bei den Pflegezentren der Stadt Zürich (PZZ)?
Ich habe vor zwei Jahre Peter Lehmann, Ausbildungsverantwortlicher PZZ, kennengelernt und ihm meine Laufbahn geschildert. Bei seinem nächsten Besuch als Dozent im SGZ hat er mir dann einfach die Unterlagen für den «Dipl. Pflegefachmann HF» in die Hände gedrückt – mit den Worten, dass dies die Chance sei, mich beruflich neu zu orientieren. Da ich ja im SGZ, dem Bildungszentrum der PZZ, angestellt war, hatte ich auch schon viele interne Kontakte mit Dozierenden und Kursteilnehmenden.
Dann ging‘s los: Anmeldung für den Eignungstest im Careum, den ich dann mit Bravour bestanden habe. Dies war für mich dann nochmals eine Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Weiter mit einem Vorstellungsgespräch im PZ Bachwiesen, das zu meiner Freude auch glücklich verlief.

Deine berufliche Rolle hat sich grundlegend verändert: Vom versierten Mitarbeitenden zum Auszubildenden, der das Gesundheitswesen nur ansatzweise kennt. Wie hast du dich auf diese Tatsache vorbereitet?
Kann man sich darauf überhaupt vorbereiten? Ich bin überzeugt, dass mein grosser Erfahrungswertschatz das noch nicht angeeignete Know-How im Gesundheitsbereich gut ausbalanciert.
In Kombination mit einer riesengrossen Motivation, diesen beruflichen Neustart erfolgreich zum Abschluss zu bringen, blicke ich sehr positiv in die Zukunft. Besser noch: Ich brenne darauf, ins kalte Wasser zu springen.

Was ging dir durch den Kopf, bei dem Gedanken, dass du vom Expertenstatus in einen Auszubildendenstatus gehst?
Ach weisst du, ich habe schon so viele Berufe ausgeübt, habe oft bei Null wieder anfangen müssen. Also, damit hatte ich wirklich kein Problem. Ich dachte vielmehr: Khalid, pack diese Chance… Augen zu und durch!

Wer hat dir in welcher Weise bei deiner Entscheidungsfindung geholfen?
Das SGZ-Team hat mich mit vielen Gesprächen motiviert, den Studienweg Pflege HF einzuschlagen. Auch meine Familie hat mich sehr unterstützt und ermutigt, was für mich natürlich auch ausschlaggebend war. Ohne ihr Segen ginge es gar nicht, schliesslich sind es meine Frau und Kinder, die mich während des Studiums zu Hause ertragen müssen (lacht).
Bei mir fanden sozusagen viele «Klicks» im Kopf statt, bis ich zur neuen Berufsausbildung zu 100% Ja sagen konnte.

Was erwartest du persönlich von deinem neuen Arbeits- und Aufgabenfeld?
Mich interessieren in erste Linie die Menschen … Wo Menschen sind, entstehen automatisch Kontakte. Genau das ist es, was mich motiviert und mich in meiner zukünftigen Arbeit bestärkt.

Welche Chancen und Risiken siehst du für dich persönlich?
Die Chance, dass ich einen neuen Beruf lernen und ausüben kann. Eine Gefahr sehe ich im Moment nicht … ich würde es eher eine Möglichkeit nennen, bei der ich Erfahrungen und mein Knowledge im Gesundheitswesen aufbauen darf.

Kannst du dir vorstellen, dass durch die Ausbildung auch deine persönlichen Wertehaltungen sich verändern? Welche Veränderungsprozesse glaubst du, werden das sein?
Darf ich mit meinen beiden Lieblingszitaten antworten?«Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.» so Heraklit. Oder, um Albert Einstein zu zitieren: «Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.»So werde ich also Pflegefachmann, um Neues zu schaffen, um mich verändern zu können, um nochmals vom Leben herausgefordert zu werden. Und um davon ein grosses Stück den bedürftigen Menschen zurückgeben zu können.

 

Beatrice Widmer
Schulungszentrum Gesundheit SGZ
Programmleiterin Bildung
beatrice.widmer@zuerich.ch
angebot.wissen-pflege-bildung.ch

Kommentare: 1 | Autor: SGZ | Kategorien: Kategorie Ausbildner/-innen

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