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Professionelle Beschreibungen sind ein Gewinn

Text: Beatrice Widmer

Selbstverständlich braucht das Verfassen von aussagekräftigen Beschreibungen in den Pflegedokumentationen Routine und Zeit. Der innerbetriebliche Nutzen davon ist jedoch beträchtlich. Zum einen stärken nachvollziehbare Beschreibungen den internen Kommunikationsfluss und die multiprofessionelle Zusammenarbeit. Dies weil der Klärungsbedarf nach Ereignissen oder eine mühselige Rekonstruktion von Vorkommnissen vermieden werden kann.

Ferner wird ein für alle Involvierten ersichtliches und ganzheitliches Bild zum Komplexitätsverlauf einer Pflege- und Betreuungssituation aufgezeigt. Auch werden die Ressourcen von bedürftigen Menschen so allen beteiligten Mitarbeitenden transparent gemacht. Zum anderen ist eine nachvollziehbare und präzise Dokumentationsweise auch elementar für die BESA- oder RAI-Klassifizierung. Sie wird mit einbezogen bei den entsprechenden Leistungserfassungen der individuellen Begleitungs- und Pflegeaufwände. Ein weiteres Faktum ist das Recht auf Einsichtnahme in Dokumentationen. Professionelle Beschreibungen sind somit auch eine Visitenkarte gegen aussen.

 

Merkmale einer Beschreibung

Bei der Pflegedokumentation spielt die beschreibende Vorgehensweise eine zentrale Rolle. Prinzipiell macht eine Beschreibung genau das, was ihr Name aussagt. Sie schildert den Ist-Zustand einer Person oder einer Situation. Eine Beschreibung gibt somit einen bestimmten Bereich der Wirklichkeit in anschaulicher und sachlicher Weise sprachlich wieder. Sie enthält einen stark objektivierten Charakter mit Fakten und setzt ein gezieltes präzises Beobachten von Tatsachen voraus, die genau wiedergegeben werden.

 

Beobachten ist zentral

Wahrnehmungen sind wichtig und voraussetzend für eine gezielte Beobachtung. Sie sind jedoch abhängig vom Interesse, den Erfahrungen, dem Wissen, den persönlichen Wertvorstellungen, der Gefühlslage und den Bedürfnissen der wahrnehmenden Person. Das Beobachten hingegen setzt ein gezieltes Analysieren mit allen Sinnen voraus. Dabei werden belegbare Fakten gesammelt. Im Anschluss soll immer eine Selbstreflexion über die gesammelten Eindrücke erfolgen, damit möglichst zielführende Interpretationen und Schlussfolgerungen für das Handeln gemacht werden können. Um das Beobachten zu üben, ist eine Fotografie sehr geeignet. Sie gibt genau das wieder, was im Moment der Aufnahme passiert ist. Fakten, die für alle Beobachtenden belegbar sind (z. B. ein Mann sitzt auf einem Stuhl). Sobald jedoch die Fotografie spontan kommentiert wird, werden die Aussagen mit eigenen Erfahrungen und Interpretationen subjektiviert (z. B. er wartet, ist traurig, einsam etc.).

Bei einer Situationsbeschreibung ist das anders als bei Ausführungen zu Fotos, Gegenständen oder Handlungsabläufen. In einer Situation können wir glücklicherweise meist mit dem Gegenüber kommunizieren, um seine Gefühlslage zu ergründen. Deshalb beinhalten Beschreibungen in Pflegedokumentationen sowohl sachliche als auch gefühlsorientierte Inhalte. Bei den gefühlsorientierten Schilderungsanteilen ist es wichtig, die Aussagen des Gegenübers 1:1 wiederzugeben. Persönliche Eindrücke und Gefühle der beobachtenden Person sind beim Beschreiben nicht «per se zu unterlassen», sie sollen jedoch als solche erkenntlich sein.

 

Ganzheitlich erfassen und strukturiert vorgehen

Eine gute Strukturierung der Beschreibung ist essenziell. Dies gerade in komplexen Situationen. Da ist es sinngebend, den Beschreibungsaufbau anhand von folgenden Fragestellungen zu bearbeitet: WAS (Ereignis) hat sich WANN (Zeitpunkt), WIE (Hergang) und WO (Ort), IN WELCHER WEISE (Intensität), WODURCH (Ursache) und WIE LANGE (Zeitfenster) ereignet.

Bei der Begleitung von Menschen – ganz besonders von jenen, die sich in Krisensituationen befinden – ist die alleinige Dokumentation der getroffenen Interventionen unvollständig und wenig hilfreich. Denn deren Wirksamkeit und Stellungnahmen zum Wohlbefinden der betroffenen Person sind unter anderem für die nachfolgende Begleitung ganz besonders wichtig. Obwohl das Wiedererlangen des Wohlbefindens als Hauptziel zu betrachten ist, wird diesen Kriterien in den Pflegedokumentationen oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Zum Schluss

Selbstverständlich sind hier nicht sämtliche Merkpunkte und Schritte des Beschreibens vollzählig vorhanden. Auch ist es wichtig, dass Wissen in Kombination mit Übung und Erfahrungen für die Erlangung von Routine beim Beschreiben zielführend sind . Falls Sie Fortbildungsbedarf in dieser Thematik sehen, so freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme. Wir entwickeln und verwirklichen für Sie gerne ein entsprechendes Inhouse-Fortbildungsprojekt. Für Spitex-Mitarbeitende haben wir dazu seit langem ein Bildungsangebot, das rege genutzt wird.

 

Beatrice Widmer
Schulungszentrum Gesundheit SGZ
Programmleiterin Bildung
beatrice.widmer@zuerich.ch
angebot.wissen-pflege-bildung.ch

Kommentare: 2 | Autor: SGZ | Kategorien: Kategorie Arbeitsfeld Spitex

Kommentare zum Artikel

  1. Slavi Marjanovic Kommentar vom 11.09.2019

    Ich würde das als präzise, konkrete Beschreibung nennen. Denn was ist eine «professionelle» Beschreibung? Wenn Pflege professionell beschreibt dann muss sie sich der Fachsprache bedienen. Das impliziert die Verwendung der Pflegediagnosen, Pflegeergebnissen und Pflegemassnahmen nach einer anerkannten internationalen Nomenklatur, also NANDA, NOC und NIC.
    So ist der Begriff «professionelle Beschreibungen» für mich etwas irreführend (könnte auch bedeuten, dass jemand damit eine Profession beschreiben will)…

    • SGZ Kommentar vom 25.09.2019

      Guten Tag Frau Marjanovic

      Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Selbstverständlich sind die von Ihnen benannten pflegerischen Kenntnisse im Umgang mit Verlaufsdokumentationen wichtig. Für die multidisziplinäre Zusammenarbeit sind jedoch, die in meinem Beitrag formulierten Gedankenanstösse / Herangehensweise (z. B. Ablauf, Beschreibung von Wohlbefinden und Wirksamkeit) auch von Bedeutung.

      Freundlichen Grüssen
      Beatrice Widmer, Programmleiterin Bildung am SGZ

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