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2. Zürcher Fachsymposium Palliative Care vom 19. Mai 2016 im Pflegezentrum Mattenhof

Rückblick auf das 2. Zürcher Fachsymposium Palliative Care

Text: Dr. phil. Marcel Maier

Unter dem Motto «Palliative Care bewegt» fand am 19. Mai 2016 das zweite Zürcher Fachsymposium Palliative Care im Pflegezentrum Mattenhof statt. Neben dem Pflegezentrum Mattenhof, Irchelpark und dem Fachverband palliative zh+sh war in diesem Jahr erstmals das Schulungszentrum Gesundheit der Stadt Zürich SGZ als neuer Co-Veranstalter mit an Bord und mit einem eigenen Info-Stand vertreten.

Die Resonanz auf die Einladung war überwältigend und das Interesse der Fachpersonen aus der gesamten Region entsprechend gross. Bereits nach wenigen Tagen waren alle 160 Plätze im Festsaal des Pflegezentrums Mattenhof vergeben.

Nach der Begrüssung der Veranstalter (Reto Steimen, Betriebsleiter des Pflegezentrums Mattenhof-Irchelpark; Renate Monego, Direktorin der Pflegezentren; Monika Obrist, Geschäftsführerin palliative zh+sh und Marcel Maier, Leiter SGZ) wurde das Wort der Moderatorin übergeben.

Für diese anspruchsvolle Aufgabe konnte in diesem Jahr Gabriele Kaes (Demenzbeauftragte der Alterszentren der Stadt Zürich) gewonnen werden. Mit ihrem unverwechselbaren Charme führte sie durch den Nachmittag und setzte eigene Akzente.

Angst spielt gerade in der Palliative Care eine grosse Rolle

Den fachlichen Auftakt machte Marcel Meier, Pflegefachmann und Beauftragter für Palliative Care am Pflegezentrum Mattenhof-Irchelpark. Er berichtete über die Entwicklung eines mehrdimensionalen Erfassungstools für Angst. Angst, so Meier, spiele gerade in der Palliative Care eine grosse Rolle. Viele Situationen und Rahmenbedingungen können bei Betroffenen Angst auslösen, beispielsweise die Ungewissheit über den Krankheitsverlauf, Schmerz, soziale Situationen, unbefriedigende Wohnsituationen etc. In bereits komplexen Situationen könne das Gefühl der Angst die Betroffenen zusätzlich belasten, ihre Belastbarkeit schwächen und Beziehungen beeinträchtigen. Doch als diffuse Emotion sei sie eben nicht leicht zu erfassen – gerade für Aussenstehende. Auch deshalb, weil es für Betroffene manchmal schwierig sei, sich in Bezug auf Angstgefühle zu artikulieren. Ausserdem sei Angst oft schambehaftet. Zwar existieren bereits verschiedene Instrumente, doch seien diese weitgehend für wissenschaftliche Zwecke konzipiert und wenig praxistauglich, so Meier. Der «Angstleitfaden» wurde im Pflegezentrum Mattenhof-Irchelpark kürzlich implementiert und nach einer ersten Zwischenevaluation bereits angepasst. In etwa einem Jahr erfolgt eine Schlussevaluation.

Von der Beweglichkeit auf betrieblicher Ebene

Von der Beweglichkeit auf betrieblicher Ebene berichtete Dr. Marcel Maier, der Leiter des SGZ und ehemaliger Beauftragter für Organisations- und Qualitätsentwicklung des Pflegezentrums Mattenhof-Irchelpark. In seinem Vortrag «Ganz oder gar nicht! Palliative Care und Organisationsentwicklung: Vom Engagement Einzelner zur Frage der Unternehmenskultur» brachte er Palliative Care mit Organisationsentwicklung in Verbindung. Maier zeigte auf, wie sich das Pflegezentrum Mattenhof-Irchelpark in einem strategischen und gezielt gesteuerten Prozess zum Kompetenzzentrum für Palliative Care entwickelte. Unter anderem wurden spezifische Fachkompetenzen ausgearbeitet und das Fort- und Weiterbildungskonzept auf Palliative Care ausgerichtet. Auch der Kommunikation und Vernetzung wurde grosse Bedeutung beigemessen. Der Prozess zum Label für Qualität in Palliative Care von «qualitépalliative» wurde als unterstützende und begleitende Massnahme zur Verbesserung in Sachen Palliative Care genutzt. Maiers Fazit: «Die Organisationsentwicklung bietet geeignete Werkzeuge, damit sich ein Betrieb nicht in einem Flickwerk von Einzelmassnahmen verirrt.»

Der alte Mensch und Palliative Care. Was es zu berücksichtigen gilt.

«Der alte Mensch und Palliative Care. Was es zu berücksichtigen gilt.» lautete der Titel des dritten Referats. Claudia Schröter, freiberufliche Dozentin und Bildungsverantwortliche der Stiftung Alterszent­rum Region Bülach, beleuchtete grundsätzliche Fragen der palliativen Geriatrie. «Was bedeutet es eigentlich, alt zu sein?», fragte sie, und machte deutlich, dass die Antwort auch eng mit der Diskussion um den Stellenwert alter Menschen in der Gesellschaft verknüpft ist. Der alte, gebrechliche Mensch habe einige Einschränkungen hinzunehmen. Auf der physischen Ebene sprach Schröter von der «Erschöpfung der Handlungskapazitäten», auf psychischer Ebene empfänden viele alte Menschen eine «Bedrohung der Identität, ein Wandel des Selbstbildes und eine Einschränkung der Autonomie». Auf sozialer Ebene sei die soziale Teilhabe immer mehr eingeschränkt und auf der existenziellen Ebene komme die Bilanzierung des Lebens und die Auseinandersetzung mit Sinnfragen auf alte und gebrechliche Menschen zu. Zu all dem, so Schröter, komme in den meisten Fällen eine Multimorbidität. Eine Herausforderung nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für das betreuende Team. Besonders betonte sie, wie wichtig es sei, «Zeit-Räume» für Gespräche, Information, Entscheidungsfindung und Begegnungen im Alltag zu schaffen.

Gehört die Langzeit-Palliative-Care zur Grundversorgung oder ist sie spezialisiertes Angebot?

Abgerundet wurde die Vortragsreihe von Dr. med. Roland Kunz, Chefarzt Geriatrie und Palliative Care, ärztlicher Leiter Spital Affoltern. Er stellte die Frage: «Gehört die Langzeit-Palliative-Care zur Grundversorgung oder ist sie spezialisiertes Angebot?». In der Geriatrie sieht Kunz in der starken Fokussierung auf Palliative Care auch eine Gefahr. Er fürchtet, sie könnte dazu führen, dass andere in der Geriatrie wichtige Aspekte zu wenig berücksichtigt werden. Kunz ist deshalb der Meinung, in sehr vielen Fällen brauche es weniger spezialisierte Palliative-Care-Kenntnisse, denn eine entsprechende Haltung, die nach den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten frage. Hilfreich sei es darum, wenn Fachpersonen Kenntnisse in verschiedenen Bereichen hätten, ohne sich allzu stark zu spezialisieren. «Wir müssen versuchen, den Spagat zu machen», findet Kunz. Das Knowhow der spezialisierten Palliative Care müsse der Grundversorgung zugänglich gemacht werden, aber auch umgekehrt solle ein Wissenstransfer stattfinden. Darum fordert Kunz, dass die neueren Nationalen Strategien des BAG verknüpft werden sollen: Jene für Palliative Care, jene für Demenz und die für die integrierte Versorgung.

Die anschliessende Podiumsdiskussion drehte sich unter anderem um Fragen der Alltagsgestaltung in der Langzeitpflege. Wie können sich Betreuende die von Claudia Schröter angesprochenen «Zeit-Räume» verschaffen und wie kann die allseits geforderte Grundhaltung gepflegt werden? Schröter zeigte sich überzeugt, dass auch mit den aktuellen Rahmenbedingungen sehr viel mit Aufmerksamkeit und Präsenz erreicht werden kann.

Beim abschliessenden Apéro riche ergab sich dann auch noch genügend Zeit für weitere Fragen an die Referenten, zur Pflege alter und neuer Kontakte oder zu einem Besuch am Stand des SGZ. Einmal mehr präsentierte sich die Küchen-Crew des Pflegezentrums Mattenhof von ihrer Glanzseite und setzte dem Anlass einen würdigen Schlusspunkt.

Für das 3. Zürcher Fachsymposium Palliative Care laufen bereits die Vorbereitungen. Reservieren Sie sich deshalb schon einmal vorsorglich den 28. September 2017. Aktuelle Infos zum Stand der Vorbereitung erhalten Sie über unseren Blog wissen-pflege-bildung.ch.

Link SGZ: Referate und Bildergalerie zum Palliative Care-Symposium
Link palliative zh+sh: Von der Balance zwischen Fachkompetenz und Spezialwissen

 

Dr. phil. Marcel Maier
Leiter Schulungszentrum Gesundheit SGZ
marcel.maier@zuerich.ch
angebot.wissen-pflege-bildung.ch

 

Kommentare: 0 | Autor: SGZ | Kategorien: Kategorie Pflege & Betreuung

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